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NEWS CD PROJEKT RED: Community-Managerin erklärt das Schweigen

geschrieben von foobar am 29.07.2021, 23:15 Uhr

https://www.worldofcyberpunk.de/media/content/cp_2077_e3_2019_07_s.png

So mancher Fan zeigte sich von der mangelnden Kommunikation von CDPR mit den Fans in letzter Zeit – sagen wir mal – nicht besonders angetan. Ein letzte Woche veröffentlichter Post der deutschen Community-Managerin (im Folgenden „CM“ genannt) mit dem Benutzernamen „red_coshy” im offiziellen Forum versucht nun, Licht ins Dunkel zu bringen. Was uns wiederum veranlasst, uns an einer Analyse dieser Stellungnahme zu versuchen.

Die CM beginnt damit, dass man weiterhin zu der offiziellen Aussage von Januar stünde, dass die Qualität von Cyberpunk 2077 beim Release im Dezember 2020 ein Fehler gewesen sei. Dies habe ihres Wissens niemals jemand geleugnet und sollten ihre eigenen Beiträge jemals einen gegenteiligen Eindruck erweckt haben, so bitte sie dafür um Entschuldigung.

Hierzu gibt es von unserer Seite aus wenig Erhellendes beizusteuern. Egal, wie man nun zu der CM im Speziellen oder CDPR im Allgemein steht, mehr als das eben so hinnehmen kann man kaum.

Danach geht red_coshy kurz auf einen weiteren Vorwurf ihr gegenüber ein. Nämlich, dass sie niemals gesagt habe, man dürfe nur Kritik mit Lösungsvorschlägen anbringen. Vielmehr sei es ihr darum gegangen, dass sie um konstruktive Kritik bitte, man also erklären solle, warum gewisse Dinge den Spielern nicht gefallen. Einfach nur zu schreiben: „Das find ich scheiße” (Zitat) sei nun einmal wenig hilfreich.

Das ist ein legitimes Ansinnen, an dem es unserer Ansicht nach recht wenig zu bemängeln gibt.

Nun zum Kern der Sache, nämlich der Kommunikation mit der Community in letzter Zeit. red_coshy schreibt, als börsennotierte Aktiengesellschaft gäbe es gewisse Gesetze und Vorschriften in Bezug auf öffentliche Kommunikation und man daher manche Dinge auch nicht mehr so einfach sagen dürfe, wie das kleineren Unternehmen möglich sei.

Inwieweit das polnische Aktienrecht hier wirkliche regulatorische Vorgaben macht, mögen Berufenere entscheiden. Der viel wichtigere Punkt ist unserer Ansicht nach allerdings der, dass börsennotierte AGs tatsächlich traditionell – und unabhängig von Rechtsvorschriften – sehr zurückhaltend mit öffentlicher Selbstkritik sind. Jede Aussage, die potentiell negativ gewertet werden könnte, kann die Anleger verschrecken und den Börsenkurs (und damit den Wert der Firma, zu dessen Erhalt die Manager den Anteilseignern gegenüber verpflichtet sind) ins Straucheln kommen lassen.

Um ein anderes Beispiel aus der Unterhaltungsindustrie zu bringen: Als Disneys CEO Bob Chapek im März auf einer Investorenkonferenz nach dem Verbleib von Kathleen Kennedy an der Spitze von Lucasfilm gefragt wurde, obwohl sie – zumindest nach Ansicht des Fragenden und so einiger Fans – der Star Wars Marke mehr geschadet als genützt habe, hatte dieser nichts als Lob für Frau Kennedy übrig und betonte, man blicke hoffnungsvoll auf eine langjährige weitere Zusammenarbeit mit ihr. Viele jener Fans, die mit Kennedy nicht besonders glücklich sind, zeigten sich von dieser Aussage enttäuscht. Doch nun sieht es so aus, als würde Kennedys Vertrag doch nicht verlängert werden und als seien ihre Tage bei Lucasfilm gezählt. Die offizielle Erklärung, dass Frau Kennedy es irgendwie vergeigt habe, wird vermutlich niemals kommen. Statt dessen wird man sagen, dass sie zu neuen und besseren persönlichen Vorhaben aufbreche und sie in den Sonnenuntergang reiten lassen. Das erlaubt es ihr, das Gesicht und Disney, den Börsenkurs zu wahren. Natürlich ist die Sache mit Lucasfilm im Detail anders und komplizierter und wir wollen hier keine Vergleiche auf personeller Ebene ziehen. Sondern es geht nur darum, zu illustrieren, wie börsennotierte AGs mit der Öffentlichkeit kommunizieren. Das Mantra lautet: „Im Zweifel Positivität heucheln.

Man kann sicher sagen, dass CDPRs Status als an der polnischen Börse gehandelte AG ein selbst gewähltes Elend ist und es insofern die suboptimale Kommunikation nur erklärt und nicht entschuldigt. Aber dies gesteht red_coshy auch unumwunden ein und natürlich kann man auch fragen, ob es ohne die Gelder aus dem Börsengang Cyberpunk 2077 überhaupt jemals gegeben hätte.

Ferner erinnert die CM daran, dass in den USA noch eine Klage gegen CDPR anhängig sei und dass in so einem Verfahren jede öffentliche Aussage einer Firma genauestens analysiert werde und Tweets von Mitarbeitern eine Firma schon ausreichten, um Intent (engl. Absicht, Vorsatz) nachzuweisen.

Das Argument überzeugt. Es gilt in der Tat als eiserne Regel bei Gerichtsverfahren in den USA, dass man niemals öffentlich über den Fall sprechen sollte, weil jede Aussage gegen einen verwendet werden könne. Es gab beispielsweise den Fall eines Mannes aus Florida, der im Rahmen einer Klage wegen Diskriminierung gegen eine Privatschule einen Vergleich abschloss, welcher ihm 80.000 US-Dollar zusicherte. Seine Tochter postete dann auf Facebook, dass die Schule für ihren Europa-Urlaub bezahlen werde. Die Schule legte Einspruch ein, weil der Post gegen die vereinbarte Geheimhaltungspflicht verstieß. Das Berufungsgericht stimmte zu und weg war das Geld. Selbst scheinbar unverfängliche Aussagen können jemandem zum Verhängnis werden. Schon einfache Entschuldigungen wie „Sorry” sind von amerikanischen Gerichten bereits als Eingeständnis ausgelegt worden und haben damit einen Haftungsanspruch begründet.

Im Weiteren teilt red_coshy dann mit, dass Aussagen in der Form, dass man ein bestimmtes Problem auf dem Schirm habe, weitgehend nutzlos seien, da man alles auf dem Schirm habe. Man kenne die Probleme des Spiels und sie selbst lese jeden Thread im Forum und jeden Kommentar auf Facebook, Twitter und unter den Artikeln der großen Magazine. Dieses Feedback wandere dann in eine große, internationale Excel-Tabelle, aus der Heatmaps generiert würden, die die dringendsten Probleme aufzeigten. Außerdem seien die Wünsche der Spieler oft widersprüchlich oder habe unterschiedlich Schwerpunkte. Beispielsweise seien der Community in Japan andere Dinge wichtig als der in Deutschland. Das Entwickeln von Patches sei ein iterativer Prozess und Änderungen an einer Stelle machten häufig woanders etwas kaputt.

Zu den internen Vorgängen bei CDPR und red_coshys eigener Arbeitsweise müssen wir sie bei Wort nehmen. Und die Aussage, dass Problembehebung bei komplexen Softwareprojekten ein wenig einer Sisyphusarbeit gleiche, wird sicherlich jeder, der schon mal an einem solchen Projekt mitgearbeitet hat, bestätigen können. Dass man sich dann nicht mit Aussagen aus dem Fenster lehnen will, weil man nie weiß, ob ein bestimmter Punkt X sich tatsächlich so einfach beheben lässt, wie es auf den ersten Blick scheint, ist nachvollziehbar. Natürlich wäre es uns Fans vermutlich lieber, man würde einfach offen zugeben, was das Problem ist. Ein: „Ja, das hatten wir zwar für den nächsten Patch ins Visier genommen, aber dann stellte sich heraus, dass es da und dort neue Probleme macht, also wird es wohl noch etwas länger dauern.”, wird wohl jeder halbwegs normale Fan des Spiels akzeptieren können.

Der letzte Punkt, den die CM anspricht, sind die Community-Projekte und dass man dort einen schwierigen Balance-Akt absolvieren müsse. Vieles könne oder dürfe man nicht kommunizieren. Und wenn man dann an anderen Fronten versuche, Präsenz zu zeigen, käme oft die Aussage von Fans: „Das interessiert uns nicht, fixt das Spiel!”. Lasse man umgekehrt von diesen alternativen Projekten die Finger, käme die Kritik, dass man nicht mit den Fans rede. Allerdings versuche man, langsam die Kommunikation wieder hochzufahren und sie hoffe, dass man das auch sehen könne.

Unserer Ansicht nach ist das Argument: „Wie man’s macht, ist es verkehrt!” nicht komplett von der Hand zu weisen. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit sich das nicht auch durch geschicktere Kommunikation lösen ließe. Beispiel: „Wir wissen, dass ihr sehnsüchtig auf den nächsten Patch wartet, aber der dauert noch etwas. Während unsere Entwickler mit Hochdruck weiter am Spiel schrauben, hat der Rest des Teams dieses Schmankerl für euch bereit gestellt, damit die Wartezeit etwas erträglicher wird.
Wäre das nicht eine Aussage, die die meisten Spielern zufrieden stellen sollte?

Abschließend stellt red_coshy die Frage, ob uns ihre Stellungnahme weiterhelfe. Sie sei bisher davon ausgegangen, das solche brancheninternen Dinge eher langweilig seien.

Wer von euch dazu eine Meinung hat, die Kommentarsektion ist eröffnet!